Warum ich keine Steckmasse mehr benutze...

Wenn mal meine Enkelkinder kommen und zu mir sagen: “Ihr habt das alles gewußt…”

Was will ich dann antworten? Auf was will ich dann zurückblicken? Wenn wir so weiter machen, geht die Welt kaputt. Wobei die Welt möglicherweise viel zu stark dazu ist und uns einfach überlebt. Aber wir machen uns kaputt. Und ich mache es auch. Ich fahre zu viel Auto, ich kaufe Mandelmilch im Tetrapack, ich nutze das Internet, ich kaufe Bananen, Avocados, Kokosmilch… aber ich habe meine eigene wachsende Liste von Dingen, die ich nicht mehr mache, im privaten, wie auch im beruflichen. Stück für Stück funktioniert für mich ganz gut. (wenn das für euch ein Thema ist, und ihr ihn noch nicht kennt, kann ich euch wärmstens den verpackungsfreien Laden TARA empfehlen! /Werbung aus Überzeugung aber ohne Auftrag…:))

Um wieder zu Blumen zurück zu kommen… mich treibt um, in einer Branche zu arbeiten, in der es größtenteils üblich ist, auf Kosten der Natur zu arbeiten und zwar mit Dingen aus der Natur. Wie paradox ist das?

  • Deutschland gilt weltweit als der größte Importmarkt für Schnittblumen.

  • Jede dritte Rose oder Nelke stammt aus Entwicklungsländern, damit erweitert sich das Problem um eine soziale Komponente

  • in Rosen die aus afrikanischen Ländern kamen fand der BUND, bei einer Untersuchung 2013, bis zu 31 Pestizide in hohen Konzentrationen ( bei mir hat mal ein Arzt vermutet, das meine Migräne daher kommt - stimmt nicht aber hat mich total geschockt - ”Sie sind doch Floristin? Da haben sie doch tagtäglich mit schädlichen Chemikalien zu tun…” Stimmt bei mir zwar nicht und das wusste er nicht, aber was ist das für eine Botschaft?!!! )

  • die Wasserressourcen in den Herkunftsländern werden knapp und die riesigen Blumenfarmen konkurrieren mit der Bevölkerung. Konkretes Beispiel: Der Wasserpegel des Naivasha-Sees – hier liegt Kenias grösstes Rosenanbaugebiet – sinkt seit Jahren beachtlich. Örtliche Kleinbauern haben nicht genügend Wasser für die Bewässerung ihrer Felder oder zum Tränken ihrer Tiere. Drastische Wassersparmassnahmen für die Bevölkerung sind die Folge. Zudem beanspruchen die grossen Blumenkonzerne immer mehr fruchtbare Anbaufläche für ihre Gewächshäuser.


Im schlechtesten Fall, zb. heute am Valentinstag, kommen rote Rosen aus Kenia. Hoch belastet mit Pestiziden, mit einem riesigen CO2 Stempel, wegen des Transports und aus einer nicht fairen Produktion, die beim Anbau, den Menschen vor Ort Wasser nimmt. Sie werden gebunden, in Plastikfolie gewickelt und beim Floristen verkauft oder für ein paar Euro in den Supermarkt gestellt. Je nach Größe, Qualität und Einkaufspreis. Aber das Grundproblem bleibt das gleiche…

Wer das nicht will, fragt nach fair Trade Rosen, oder kauft erst im Sommer welche von lokalen Rosenzüchtern. Bittet den Floristen keine Folie zu verwenden und wenn es um Gestecke geht keinen Steckschaum.

Um den geht es hier ja eigentlich und zwar deshalb, weil er so ein versteckter Fiesling ist. Der Kunde bekommt ihn meist nicht zu Gesicht, aber er ist in der Blumenindustrie eine riesige Müllquelle. U.a.

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Das Bild zeigt eine Stück Steckmasse unter dem Mikroskop. Diese, mit bloßem Auge nicht mehr erkennbaren, Teilchen fließen mit dem Abwasser in die Gewässer und werden dort von Fischen und anderen Tieren aufgenommen.

Wenn ein Florist Steckschaum verarbeitet, weicht er den Steckschaumziegel ein, um ihn dann auf die passende Größe zu schneiden. Kleinste Teile wandern jedesmal in den Abfluss. Ärger wird es, wenn man den Ziegel im trockenen Zustand schneidet und dann einweicht. Dabei entsteht ein sehr feiner Staub, den man anschließend, beim Naseputzen, im Taschentuch findet…für die meisten Floristen wahrscheinlich nichts neues.

Woraus ist Steckschaum?

Steckschaum wurde in den 50er Jahren vor allem von Oasis (Markenname) entwickelt. Technisch gesehen handelt es sich um ein Phenol-Formaldehyd-Gemisch - also Plastik. Es ist ein Produkt aus Erdöl, also einem nicht erneuerbaren Rohstoff. Formaldehyd spielt vor allem bei der Produktion eine Rolle und ist im fertigen Ziegel nur noch in geringen Spuren enthalten, dennoch ist es ein Produkt, bei dessen Herstellung krebserregende Chemikalien nötig sind.

Steckschaum verrottet doch?

Definitiv Nein. Wie oben beschrieben ist Steckschaum Plastik. Er verrottet nicht. Er zerfällt. Zu Mikroplastik.

Oasis hat jüngst damit geworben eine neue Formel entwickelt zu haben, die die Biodegradierbarkeit verbessert und innerhalb von 567 Tagen zu 100 Prozent biologisch abgebaut wird. In den deutschen Kompostieranlagen wird der Biomüll in wenigen Wochen zu Kompost verarbeitet, sie ist also nicht für die langsame Zersetzung ausgelegt.

Steckschaum kann ich mehrmals verwenden

Nein - einmal vollgesaugt und wieder eingetrocknet, speichert der Schwamm nur noch unzureichend Wasser. Es handelt sich also um ein Einmalprodukt…

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Verflixterweise macht sich im Hochzeitssektor seit einiger Zeit ein Trend breit, der die Verwendung von Steckmasse erweitert.

Flowerwalls, Traubögen, Blumenbuchstaben. Alles Blumen in einem riesigen Stück Plastik.

Dazu kommen die traditionellen Beerdigungen und natürlich die Gestecke für alle mögliche Feiern. Eigentlich müsste der ganze Steckschaum getrennt und separat im gelben Sack entsorgt werden. Wobei er nicht unbedingt recyclebar ist…Passiert natürlich nicht. Meistens landet er im Rest- oder Biomüll. Und das blödeste… es weiß keiner. Bei meiner Recherche ist mir aufgefallen, das es dazu sehr wenig Informationen gibt - und jaaaa - es ist ein Randthema, aber so klein ist es auch nicht!

Und jetzt kommt die gute Nachricht!

Es gibt Alternativen! Viele!! Ich selber benutze seit 2 Jahren keine Steckmasse mehr, habe sie davor auch nur wenig verwendet (1 Karton in 7 Jahren…) und auch noch nicht vermisst. Ich weiß das ich in alten Kaufladenzeiten floristisch gesehen nur ein kleines Licht war und das auch heute ein großer Blumenladen, mit der entsprechenden Taktung, nicht von heute auf morgen Steckmasse weg lassen kann - da hängen ja auch immer noch die Kunden dram, die Blumen oft perfekt und praktisch haben wollen…

Aber Stück für Stück könnte es gehen! Alternativen sind Kaninchendraht, alte Marmeladengläser und Flaschen, Moos, Steckigel (Kenzan)… alles wiederverwendbar.

Aber dazu beim nächtens Mal mehr…

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Kaninchendraht

Meine Basis bei Gestecken…

Fürs Erste soll das genug Information sein. Wer wissen möchte, was es für nachhaltige Alternativen gibt, der kann das im nächsten Post nachlesen. Außerdem könnt ihr im Instagram Account von Nofloralfoam Informationen und Alternativen zu Steckschaum finden. Ihr könnt mir auch gerne eure Gedanken zu dem Thema schreiben, vielleicht hat sogar jemand einen Hack, den ich noch nicht kenne!!

Und jetzt - genießt den nahenden Frühling, hört den Vögeln zu und achtet auf die erwachenden Blumen!

Liebste Grüße, Anne